Zehn Jahre, hunderte Geschichten, ein gemeinsames Ziel: Bildung darf kein Privileg sein. Der UniClub – ein Projekt des Kinderbüros der Universität Wien – begleitet seit 2015 Jugendliche mit Flucht- und Migrationsbiografie auf ihrem Weg zur Matura und darüber hinaus, unterstützt von Lehramtsstudierenden der Universität Wien als „StudyBuddies“.
Der Erfolg lässt sich sehen – 124 junge Menschen haben inzwischen maturiert. Ihre Wege sind alles andere als selbstverständlich:
Sie erzählen von Neuanfängen, Hürden und der Kraft eines Umfelds, das Potenziale sieht. Beim Jubiläumsfest im Großen Festsaal der Universität Wien wurden sie von der Universität Wien gemeinsam mit Ehrengast Doris Schmidauer gefeiert.
Integration funktioniert – über alle Vorurteile hinweg
Wenn Abshir Ali-Hassan heute in einem Hörsaal der Universität Wien sitzt und politikwissenschaftliche Theorien diskutiert, wirkt sein Weg selbstverständlich. Doch der 23-Jährige weiß, wie viel Kraft es ihn gekostet hat, hierherzukommen. 2021 bestand er die Matura – ein Moment, der für ihn mehr war als ein Abschluss. Heute ist er Absolvent der Universität Wien.
Auch Fatema Ahmadi kennt diesen langen Weg. Sie kam aus Afghanistan nach Österreich, maturierte ebenfalls 2021 und studiert heute berufsbegleitend Europäische Wirtschaft und Unternehmensführung.

Ihre beiden Geschichten sind zwei von 124, die im UniClub – einem Projekt des Kinderbüros der Universität Wien – in den vergangenen zehn Jahren geschrieben wurden. Es sind Geschichten von jungen Menschen, deren Bildungswege durch Flucht und Migration unterbrochen wurden und die im UniClub einen Ort fanden, der neue Chancen eröffnet. Mit einem Festakt im Großen Festsaal der Universität Wien wurde das zehnjährige Jubiläum des UniClub gefeiert – und damit auch 124 bestandene Maturaprüfungen sowie mehr als 1.500 Lehramtsstudierende, die den Jugendlichen als „StudyBuddies“ für ein Semester zur Seite standen.
„Mit dem UniClub übernimmt die Universität Wien gesellschaftliche Verantwortung. Jede bestandene Matura hier ist mehr als ein Abschluss. Sie ist ein Sieg über Zweifel und Umwege. Wir freuen uns, mit dem Projekt Zukunftsperspektiven eröffnen zu können und über künftige Studierende mit so viel Stärke und Mut“, gratuliert Christa Schnabl, Vizerektorin der Universität Wien, den Absolvent:innen.
Zehn Jahre UniClub
„Begonnen hat alles im Herbst 2015, als Österreich eine der größten Fluchtbewegungen seiner jüngeren Geschichte erlebte. Während an Bahnhöfen Menschen halfen, entstand bei uns im Kinderbüro eine Idee: Jugendlichen mit Flucht- und Migrationshintergrund nicht nur Schutz zu bieten, sondern Perspektiven“, erzählt Kinderbüro-Geschäftsführerin Karoline Iber.
Rasch wurden Räume freigeräumt, neu gestrichen und möbliert – zwei Wochen später öffnete der UniClub.
Zehn Jahre später ist aus dieser spontanen Idee ein vielfach ausgezeichnetes Projekt geworden. Mehr als 650 Jugendliche fanden Unterstützung auf dem Weg zur Matura und für das Studium. Viele von ihnen kamen mit unterbrochenen Bildungsbiografien und mussten sich mit ihren Familien in einem neuen unbekannten Land zurechtfinden – Bürokratie, finanzielle Sorgen, Sprachbarrieren inklusive. Im UniClub fanden sie nicht nur Hilfe bei Mathematik und Deutsch, sondern Menschen, die an sie glaubten.
Talente über Landesgrenzen hinweg fördern
Die Jugendlichen, die in den UniClub kommen, bringen Erfahrungen mit, die in keinem Schulbuch stehen: Verantwortung für Geschwister, Lücken in der schulischen Laufbahn, systemische Barrieren oder Erfahrungen mit Rassismus. Ihre Wege verlaufen selten geradlinig.
„Der UniClub war von Anfang an ein Raum, in dem ich lernen durfte, an mich selbst zu glauben. Dort habe ich nicht nur schulische Unterstützung bekommen, sondern auch Vertrauen, Wertschätzung und das Gefühl, dass meine Zukunft wichtig ist“, erzählt Lilas Almalaki, Absolventin des UniClubs.
124 jungen Menschen haben dank des UniClubs die Matura absolviert. Viele von ihnen sind mittlerweile Studierende, einige bereits Akademiker:innen. Sechs ehemalige Teilnehmer:innen haben sich für ein Lehramtsstudium entschieden.
Anlässlich dieses Resümees unterstreicht auch Doris Schmidauer, Politikwissenschafterin, Managerin, Buchautorin und Frau an der Seite des Bundespräsidenten, die Bedeutung des UniClubs:

„Ich bin von diesem Projekt überwältigt! Das ist gelebte Chancengleichheit: Wenn man einander zugewandt ist, füreinander da ist und einander unterstützt, kann man diese Chancengleichheit herstellen. Bleiben Sie weiter mutig und glauben Sie an sich!“
Wirkung auf beiden Seiten
In den vergangenen Jahren haben sich 1.506 Studierende der Universität Wien für ein Semester als „StudyBuddies“ engagiert. Sie geben nicht nur Wissen weiter, sondern sammeln Erfahrungen, die sie als künftige Lehrer:innen prägen.
„Jede Begegnung im UniClub ist ein Stück Zukunft – für beide Seiten. Ich gebe nicht nur Lernhilfe. Ich erhalte auch viel und nehme mir für meinen künftigen Beruf als Lehrer viel mit“, betont Matthias Ofner, Lehramtsstudent der Universität Wien.
Auch aus der Wirtschaft kommt Anerkennung:
„Wer unter so schwierigen Umständen die Matura schafft, beweist beeindruckende Willenskraft. Diese jungen Menschen zeigen uns: Mit Entschlossenheit lassen sich Ziele erreichen. Solche inspirierenden Geschichten sind es, die unsere Gesellschaft voranbringen“, bekräftigt Victoria Krammer, Deputy CFO der BAWAG Group, im Rahmen des Festaktes.
Projekt mit Strahlkraft
Der UniClub ist heute ein international anerkanntes Modell für inklusive Bildung. Er wurde mit dem „Sustainability Award“, dem „Diversitas“-Hauptpreis und zuletzt mit dem Europäischen Sprachensiegel 2025 ausgezeichnet.
„Die wahre Auszeichnung für uns sind die über hundert Maturant:innen, die ihren Weg geschafft haben – und da werden noch viele folgen. Der UniClub ist weit mehr als ein Lernort. Er ist ein gesellschaftspolitisches Statement: Bildung darf kein Privileg sein. Jede Geschichte zeigt, was möglich wird, wenn jungen Menschen etwas zugetraut wird. Der UniClub erinnert uns daran, dass Chancen nicht zufällig entstehen, sondern gemeinsam geschaffen werden“, ergänzt Karoline Iber abschließend.
