Ein Unternehmen zu führen, war schon immer mit Unvorhersehbarkeit verbunden. Doch heutige Führungskräfte stehen vor einer nie dagewesenen Kombination aus geopolitischer Volatilität, veränderten Markterwartungen und sich wandelnden Anforderungen an Leadership.
Eine generationenübergreifende Perspektive ist hierbei von unschätzbarem Wert – sie zeigt blinde Flecken jeder Generation auf und eröffnet Chancen, erfahrenes Wissen mit neuen Sichtweisen zu verbinden.
Unterschiedliche Wahrnehmung
Die diesjährige Ausgabe des Voices of the Leaders of Tomorrow Reports vom Nürnberg Institut für Marktentscheidungen e.V. (NIM) in Kooperation mit dem St. Gallen Symposium zeigt:

Junge Führungskräfte und etablierte Topmanager nehmen geopolitische Risiken und unternehmerische Verantwortung fundamental unterschiedlich wahr. Deutlich auseinander gehen die Einschätzungen vor allem beim Ausmaß und den Folgen einer multipolaren Weltordnung.
Unsicherheit und geopolitische Ordnung
72 Prozent der Leaders of Tomorrow erwarten, dass sich die globalen Machtverhältnisse grundlegend verändern werden – mit massiven Auswirkungen auf Märkte und Unternehmen. Dem gegenüber stehen nur 39 Prozent der Senior Executives, die diese Transformation ähnlich drastisch einschätzen.

Fast die Hälfte der Etablierten (49 %) gehen davon aus, dass sich aktuelle geopolitische Veränderungen langfristig positiv auf Stabilität und Wohlstand auswirken. 43 Prozent nehmen hierzu einen neutralen Standpunkt ein und lediglich 8 Prozent haben einen pessimistischen Blick auf die Auswirkungen der globalen Machtverschiebung und die Auflösung der Welt- und Handelsordnung wie wir sie kennen.
Ganz anders die Leaders of Tomorrow: Von diesen blickt ein Drittel mit Pessimismus auf die nächsten Jahre.
Studienautor Fabian Buder vom NIM ist überzeugt:
„Die aktuellen weltpolitischen Entwicklungen deuten darauf hin, dass es Ideen wie Kooperation und Arbeitsteilung schwerer haben, sich durchzusetzen. Unsere Umfrage offenbart, dass viele Firmenlenker von den Entwicklungen, obwohl sie sich abgezeichnet haben, überrascht waren. Unternehmen müssen sich hier künftig strategisch besser aufstellen und geopolitischen Entwicklungen mehr Aufmerksamkeit schenken.“

„Erfahrung ist wertvoll, aber sie hemmt, wenn sie an überholten Denkmodellen festhält, wo mutige Neuausrichtung gefragt ist“, ergänzt Felix Rüdiger, Co-Autor des VOLOT-Reports am St. Gallen Symposium.
Unternehmen wären demnach gut beraten, die Perspektive der Leaders of Tomorrow ernst zu nehmen und sich auf tiefgreifende und anhaltende geopolitische Verwerfungen vorzubereiten. Die Studienautoren empfehlen deshalb junge Führungskräfte frühzeitiger in strategische Entscheidungen einbinden. Ihre Perspektiven könnten entscheidend sein, um Unternehmen resilienter und geopolitisch handlungsfähiger aufzustellen.

„Jüngere Führungskräfte sind in ständig beschleunigende, dezentralisierte Systeme eingebettet – sie sehen den Wandel nicht nur, sie durchleben ihn. Leitende Angestellte, die von Stabilität und institutionellen Rahmenbedingungen geprägt sind, laufen Gefahr, das Ausmaß und die Geschwindigkeit dieser Veränderungen zu unterschätzen. Dies ist kein inkrementeller Wandel – sondern ein systemischer“, erörtert Nimrod Malinas, Gründer und CEO von Robonnement.
Social und Political Impact
Die stärkere Einbindung des Nachwuchses könnte sich auch in anderer Hinsicht lohnen.

So fordern 75 Prozent der jungen Führungskräfte, dass Unternehmen einen gesellschaftlichen Mehrwert (Social Impact) leisten, nur 42 Prozent der Senior Executives priorisieren diesen Aspekt ähnlich hoch.

Das gleiche Bild zeigt sich auch in puncto politische Haltung: 31 Prozent der Leaders of Tomorrow fordern ein aktives politisches Engagement durch Unternehmen – unter den Etablierten nur 17 Prozent.
Die Fähigkeit, bei Themen Haltung zu zeigen, die wirklich mit dem Unternehmenszweck und den Erwartungen der Stakeholder übereinstimmen, könnte in einer Zeit zunehmender Polarisierung weiter an Bedeutung gewinnen. Die Leaders of Tomorrow scheinen darauf besser vorbereitet.
„Was jetzt am meisten zählt, ist die Einsicht, dass gefährdete Gruppen sofortige Maßnahmen benötigen. Investitionen müssen jetzt in regenerative, integrative und dezentrale Lösungen fließen. Der notwendige langfristige Wandel besteht darin, sich von linearen, ausbeuterischen und kolonialen Entwicklungsmodellen zu verabschieden. Echte Resilienz muss in sozialer und ökologischer Gerechtigkeit verwurzelt sein“, ergänzt Anna Luísa Beserra, Gründer und CEO von Sustainable Development & Water for All (SDW).
Für den „Voices of the Leaders of Tomorrow Report (VOLOT 2025) wurden 808 gestaltungswillige Nachwuchstalente unter 35 Jahren, die „Leaders of Tomorrow“, und 275 erfahrene Topmanager aus einigen der weltweit umsatzstärksten Unternehmen befragt.
Nähere Informationen zum vollständigen Report finden Sie hier.