„CUPRA soll eine weltumspannende Marke werden“

Exklusivinterview mit Wolfgang Wurm, Geschäftsführer der Porsche Austria (Markenverantwortlicher SEAT/CUPRA sowie Group Service), über Veränderungs- und Entwicklungsprozesse der Branche, die Markengründung von CUPRA sowie Vorteile der Markendiversität u.v.m.
© TOP LEADER / Richard Tanzer
„CUPRA soll eine weltumspannende Marke werden“
Wolfgang Wurm, Geschäftsführer der Porsche Austria (Markenverantwortlicher SEAT/CUPRA sowie Group Service).

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Herr Wurm, Sie sind Geschäftsführer der Porsche Austria und verantwortlich für die Marken SEAT, CUPRA und SKODA. Außerdem verantworten Sie zusätzlich den gesamten Aftersales Bereich der Porsche Austria. Wie geht sich das zeitlich noch aus und wann findet man Zeit zum Schlafen?

Das geht sich alles aus! Wir sind einfach ein gutes Team, ich habe Leute, auf die ich mich blind verlassen kann. In großen Hierarchien geht viel Zeit verloren, bei uns wird immer noch viel in der Teeküche besprochen. Und ja, ich schlafe gut, aber manchmal ein bisschen zu wenig.

Manche Automanager zeichnen sich durch einen unkonventionellen Führungsstil oder durch eine besondere „Hands on“-Mentalität aus. Welche Tugenden kennzeichnen ihre Arbeit bei der Porsche Austria. Haben Sie auch spezifische Erfahrungen aus ihrer Anfangszeit, die Ihnen, retrospektiv betrachtet, speziell geholfen haben? Worauf kommt es in der Arbeit bei der Porsche Austria an?

Ich versuche immer am Puls der Zeit zu sein, ohne dabei das wesentliche aus den Augen zu verlieren.

Es ist wichtig, dass Leistungsbereitschaft gezeigt, und auch der Blick über den Tellerrand für neue Ideen eingebracht wird. Die Porsche Austria ist seit Jahrzehnten ein beständiger und attraktiver Arbeitgeber, wo den Mitarbeiter:innen viele Aufstiegs- und Umsteigemöglichkeiten geboten werden können. Das sieht man zum Beispiel am jungen Team bei CUPRA.

Dürfen wir noch auf eine Anekdote aus ihrem Leben zu sprechen kommen: Stimmt es tatsächlich, dass Ihnen kurz vor der Matura die Nerven durchgingen und Sie tatsächlich den kanadischen Botschafter kontaktierten, um sich zu erkundigen, ob es möglich sei, als Holzfäller, in Kanada arbeiten zu können?

Nachdem ich nicht immer zu den besten Schülern zählte, überlegte ich, gemeinsam mit einem Schulkollegen, nach Kanada auszuwandern, um Holzfäller zu werden. Wir haben sogar die kanadische Botschaft kontaktiert. Letztendlich wurde aber doch die Matura gemacht und geschafft – Kanada war dann kein Thema mehr.

Herr Wurm, ihr reichlicher Erfahrungsschatz am Automobilsektor ist unbestritten – die Branche verändert sich schneller denn je! Wie hat sich das „Business“ verändert und was sind die größten Unterschiede im Vergleich zur Vergangenheit?

Wenn es um den Bedarf eines Fahrzeugs geht, gab es kaum Veränderungen. Allerdings beobachten wir gleichzeitig, dass sich das Tempo und die Schlagzahl erhöht hat. 

Neue Produkte und Marken drängen regelmäßig in den Markt – CUPRA selbst ist ebenso noch eine recht junge Marke und es kommen immer neue Antriebsvarianten und neue Modelle hinzu. Wir versuchen hier zusätzlich neue Verkaufswege im Online-Bereich zu nutzen, um Informationen schneller und transparenter an den Kunden zu richten. Mit CUPRA gelingt uns das, zum Beispiel, sehr gut.

Immer wieder spricht man in der Branche von herausfordernden Zeiten und dass die gesamte europäische Autoindustrie gefährdet sei. Wie geht dies mit den erfolgreichen Absatzzahlen und dem prognostizierten Wachstum zusammen und teilen Sie diese Meinung – wenn ja, warum?

Wir haben viele „Hausaufgaben“, die wir richtig machen wollen und es kommen stetig neue hinzu. Eines ist für uns wichtig – das ist die Vernetzung zwischen Produkt, Händlernetz und unserem Großhandelsteam. Nur mit dieser Verbindung sind Dinge umsetzbar, die schlussendlich den Kund:innen am meisten helfen.

Die einhergehende Transformation hat auch Auswirkungen auf den Autokäufer. Was ist für die Kund:innen gleichgeblieben und was hat sich verändert? Worauf müssen sich Kund:innen im digitalen Zeitalter einstellen?

Wir sehen, dass der Händler beim Kunden immer noch einen sehr hohen Stellenwert hat, denn das Händlernetz ist der ganzheitliche Kontaktpunkt in jeglichen Belangen.

© TOP LEADER / Richard Tanzer

Für den Kunden haben sich die Möglichkeiten zur Informationsfindung und Kommunikation stark verändert, denn man bekommt mittlerweile viele und gute Informationen aus dem Internet. In der schlussendlichen Kaufentscheidung punktet aber weiterhin die Beratungsleistung des Verkaufspersonals, die wir bei uns CUPRA Master nennen.

Inmitten des gewaltigen technischen und industriellen Transformationsprozesses und einem hinzukommen von unzähligen neuen Mitbewerbern stehen viele Veränderungsprozesse an. Wie sehen sie die generelle Entwicklung der E-mobilität und ist sie tatsächlich die Zukunft?

Die E-Mobilität hat Zukunft und sie muss dort eingesetzt werden, wo es Sinn macht. Bei der E-Mobilität gibt es zwei Perspektiven, die sie unausweichlich erscheinen lässt:

Zum einen ist die Reduktion der CO2 Emission unser oberstes Ziel und zum anderen ist der Wirkungsgrad beim E-Fahrzeug ein entscheidender Faktor – hierbei ist das elektrische Fahrzeug nicht zu schlagen. Wenn wir die Reduktion des CO2 Ausstoßes betrachten, dann ist das Thema E-Fuel, meiner Meinung nach, gleichsam ein weiterer wichtiger Aspekt mit Zukunftspotenzial, der nicht außer Acht gelassen werden sollte.

Herr Wurm, als Laie hat man den Eindruck, dass sich die europäische Autoindustrie gegenüber den chinesischen Herstellern aktuell in der Defensive befindet. Vor allem der Transformationsprozess hin zur E-Mobilität scheint China besser umzusetzen. Welche Strategien, abseits staatlicher Eingriffe in den Wettbewerb, halten Sie für zielführend, um das Ruder für europäische Hersteller, wie SEAT oder CUPRA, herumzureißen?

Wir nehmen jeden Mitbewerber auf dem Markt grundsätzlich sehr ernst. Jeder neue Anbieter will Kundschaft finden und das erhöht natürlich den Druck auf die etablierten Marktteilnehmer.

Die Frage für uns ist: Nimmt uns die Konkurrenz etwas weg? Das wissen wir heute noch nicht und wir werden selbstverständlich alles tun, um unsere gute Marktposition zu behaupten. CUPRA nimmt bei der Elektrifizierung eine wichtige Rolle im Konzern ein.

Sieht man sich die Produktpalette der Autohersteller an, findet man immer mehr SUVs im Angebot. Anstelle verbrauchsarmer Kompaktwagen stehen schwere, aerodynamisch fragwürdige und praktisch nie im Gelände verwendete „Geländewagen“ im (Kunden-)Fokus. Sehen Sie hier nicht eine Diskrepanz in Bezug auf Nachhaltigkeit und glauben Sie, dass SUVs gekommen sind, um zu bleiben?

Der SUV-Boom wird weiterhin anhalten. Vielleicht wird der Boom aus Verbrauchsgründen etwas zurückgehen, allerdings haben sich Kund:innen an das bequeme Ein- und Aussteigen sowie an die gute Rundumsicht gewöhnt. Auf das wird wohl niemand mehr verzichten wollen.

Der SUV hat zudem den Ruf der Freiheit – theoretisch kann man, wenn man Lust hat, überall hinfahren. Trotzdem – ins Gelände fahren dennoch die Wenigsten.

Herr Wurm, Sie verantworten starke Marken am österreichischen Markt, sowie den Servicebereich aller Konzernmarken des VW-Konzerns. Was sind die Vorzüge der verschiedenen Marken und auf welche Neuheiten dürfen wir uns im Jahr 2024 und darüber hinaus freuen?

Wenn man in die nahe Zukunft blickt, dann wird es mit der Elektrifizierung weitergehen und der nächste Technologieschub mit kleinen, leistbaren Elektrofahrzeugen wird kommen.

„CUPRA soll eine weltumspannende Marke werden“
CUPRA Raval
© SEAT, S.A. / Porsche Holding

Bei CUPRA hat man die Technologieführerschaft dieser kleinen Elektroklasse übernommen und dabei wird der CUPRA Raval ein wichtiges Modell für die Demokratisierung des Elektroantriebs werden.

Nicht vielen Automanagern ist es vergönnt, bei einer Markenneugründung dabei zu sein. Sie waren bei CUPRA von „Stunde null“ an mit dabei und haben sehr erfolgreich die Weichen gestellt. Welche Ziele hat man sich mit der Marke CUPRA für die Zukunft gesetzt?

In der Tat – das war und ist immer noch etwas ganz spezielles, denn eine neue Marke zu etablieren ist, in der heutigen Zeit, keine leichte Aufgabe.

Gerade zu Beginn waren Luca de Meo (damaliger CEO von SEAT S.A.), als Visionär, sowie Wayne Griffiths (jetziger CEO von SEAT S.A), als „Vertriebs- und Marketing-Umsetzer“, die beiden wichtigsten Personen. Keiner hat nach einer neuen Marke gefragt und zu Beginn hat auch niemand an diese Entwicklung gedacht, aber der Zeitpunkt war gut und die Zeit war reif dafür.

Der generelle Umbruch in der Autobranche verhalf CUPRA zur guten Entwicklung, denn wir haben es geschafft den Kunden etwas Neues zu bieten. Wenn es um die Zukunft von CUPRA geht, dann hat man viel vor. CUPRA soll eine weltumspannende Marke werden und dabei wird der Einstieg in den US-amerikanischen Markt, mit Ende des Jahrzehnts, helfen.

Seit ein paar Jahren fehlen einige Fahrzeuge bei den Neuzulassungen und folglich ebenso im Bestand. Wie wichtig ist hier der After Sales Bereich und wie sieht die Zukunft im Servicebereich aus?

Am wichtigsten für uns ist die Loyalisierung des Kundenbestands. Denn jedes verkaufte Produkt soll auch serviciert werden.

Wir sind auch sehr stolz auf unser Händler- und Servicenetz: Von den 350 Betrieben in Österreich können bereits 305 Betriebe Elektrofahrzeuge servicieren. Das richtige und gut ausgebildete Fachpersonal ist dabei der Schlüssel für die Zukunft.

Wir möchten Sie gerne auch als Privatperson etwas näher kennenlernen, abschließend daher noch ein paar persönlichen Fragen:

Mit wem würden Sie gerne einen Tag lang tauschen?

Ich bin mit meinem Leben sehr zufrieden und da fällt mir tatsächlich niemand ein. Für mich sind die Inspirationen in Gesprächen mit anderen viel interessanter. Ich würde eher mit anderen Personen Zeit verbringen, als mit ihnen zu tauschen – hierbei ist meine Antwort die, dass ich gerne mehr Zeit mit meiner Frau verbringen möchte.

Können Sie sich an das erste Gespräch mit Ferdinand Piëch erinnern und worum es dabei ging?

Das ist eine gute Frage! An das erste Gespräch mit Ferdinand Piech kann ich mich genau erinnern. Er fragte, welches SEAT-Modell das beste sei – die richtige Antwort war: „SEAT Ibiza – 1. Generation mit System Porsche“. Ich wusste das natürlich!

© TOP LEADER / Richard Tanzer

Haben Sie jemals, nach der Polo-Burger-Bun-Affäre, wieder eine McDonalds-Filiale besucht?

Ja, das ist kein Thema mehr. Ich habe immer noch das damalige Sujet von der Kampagne bei mir im Büro liegen!

Was ist das Verrückteste, das Sie je in Ihrem Leben getan haben?

Ich bin damals mit dem Rucksack nach Südamerika gereist und habe dort viel erlebt. Das war noch zu einer Zeit, wo das Reisen etwas beschwerlicher war als heute.

Worüber haben Sie zuletzt gelacht?

Über dieses angenehme, interessante und wirklich amüsante Interview hoffe ich. (lacht)

Gibt es etwas, das Sie schon immer ausprobieren wollten, sich bisher aber nicht getraut haben?

Ich durfte schon viel in meinem Leben erleben, jedoch ergeben sich in letzter Zeit mehr Möglichkeiten meine „Bucket List“ zu füllen.

Sie können EIN globales Problem lösen – welches wäre das?

Die menschliche Vernunft wäre ein schöner Ansatz, um viele Dinge in der Welt von einem anderen Blickwinkel zu sehen.

Herr Wurm, wir wünschen Ihnen viel Erfolg für die Zukunft und herzlichen Dank für das Interview.

Vielen Dank und ebenso viel Erfolg.

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