Die konjunkturellen Aussichten haben sich eingetrübt, am europäischen Himmel erscheint sogar die dunkle Wolke einer drohenden Rezession. Der Inflationsdruck hält weiter an, auf den Kapitalmärkten wird eine Diskussion um weitere Zinserhöhungen geführt. Wie geht es mit den Gaspreisen weiter? Europas Speicher sind gut gefüllt, der Markt aber zeigt sich nervös.
Risiko Konjunktur
“Man muss konstatieren, dass die Wirtschaft in der Eurozone massiv an Schwung verloren hat und auf eine Rezession zusteuert, vor allem in Deutschland. Diese könnte schon im laufenden zweiten Halbjahr 2023 messbar sein”, so Markus Dürnberger.
Vor allem die Anhebung der Zinsen macht der Konjunktur zu schaffen. In den USA zeigt sich die Wirtschaft bislang zwar noch robust, aber auch dort befindet sich der wichtige Einkaufsmanagerindex für die Industrie mittlerweile seit zehn Monaten im kontraktiven Bereich, also unter der Wachstumsschwelle. In der Historie wurde nach solch einer langen Serie nur einmal eine Rezession vermieden. Die Gefahr ist also nicht gebannt und das Risiko nicht zu unterschätzen.
Zinsen und Inflation
Während der Rückgang der Inflation in den USA schon weiter fortgeschritten ist, zeigt sich die Teuerungsrate in der Eurozone noch hartnäckig. Einige Preistreiber wie Transport und Energie spielen keine so große Rolle mehr, während die Preise bei Nahrungs- und Genussmitteln, wie wir alle leidvoll beim Wocheneinkauf im Supermarkt feststellen müssen, ebenso deutlich gestiegen sind wie die Rubrik Freizeit, zu der unter anderem die Urlaubsreisen zählen, welche die Geldbörsen aktuell besonders belasten.
“Auffällig ist, dass gerade in der Eurozone die langfristigen Inflationserwartungen der Marktteilnehmer deutlich gestiegen sind und aktuell über 2,5 Prozent liegen. Anfang 2020 waren sie noch unter 1 Prozent. Auch in den USA ist ein Anstieg der langfristigen Inflationserwartungen erkennbar, welcher allerdings nicht ganz so ausgeprägt ist“, erklärt der Experte.
Internationale Aktienmärkte
An den Aktienmärkten ist von einer möglichen bevorstehenden Rezession noch nichts zu spüren, auch wenn die Märkte im August etwas nachgegeben haben. Auffallend sind laut dem Asset Manager des Bankhaus Spängler zwei Aspekte:
- Zum einen haben sich US-Aktien besser entwickelt als ihre europäischen Pendants. Dies liegt unter anderem daran, dass die Gewinne europäischer Unternehmen im zweiten Quartal doppelt so stark geschrumpft sind wie die von US-Unternehmen. Zudem haben US-Aktien viel mehr vom KI-Boom profitiert.
- Zum anderen sticht die Schwäche Chinas ins Auge. Vom Aufschwung nach der Corona-Öffnung ist nicht mehr viel übrig. Vielmehr bestimmen Schlagzeilen über den hoch verschuldeten Immobiliensektor und über Vermögensanlagegesellschaften, die Zinsen auf High Yield-Produkte nicht zahlen, das Geschehen. Die vielfach erhoffte Ankündigung eines umfangreichen Maßnahmenpakets zur Stützung der Konjunktur ist bislang ebenfalls ausgeblieben.
Energiesektor
Der Gaspreis zeigte sich in den letzten Wochen sehr volatil und ist zeitweise stark angestiegen. Dies ist unter anderem auf drohende Streiks in Australien, einem der weltgrößten Exporteure von verflüssigtem Erdgas, zurückzuführen. Denn es wird befürchtet, dass die asiatischen Gaskonsumenten versuchen, das geringere Angebot aus Australien mit verstärkten Käufen auf dem atlantischen Markt zu kompensieren, um so die Preise hochzutreiben. Daneben besteht das Risiko eines harten Winters, der zu einem höheren Gasverbrauch, zu Heizzwecken, führen könnte.
“Allerdings sind die europäischen Erdgasspeicher schon jetzt reichlich gefüllt, was einen Puffer für kurzfristige Lieferausfälle bietet. Im EU-Durchschnitt liegt der Füllstand bereits bei 93 Prozent. Im letzten Jahr wurde dieses Niveau erst Mitte Oktober erreicht. Die Preisbewegungen der letzten Wochen zeigen, dass die Nervosität am Gasmarkt dennoch merklich zugenommen hat“; unterstreicht Markus Dürnberger.
Ausblick
Was bedeutet dies für Anleger:innen und wie positioniert sich das Spängler Asset Management aktuell?
“Wir bleiben bei einer neutralen Aktienquote und gewichten Europa und die USA gleich. Daneben mischen wir den pazifischen Raum, China und Japan währungsgesichert bei. Im Anleihebereich bleiben wir bei tendenziell kürzeren Laufzeiten, um das Zinsänderungsrisiko weiterhin zu begrenzen. Wegen der Konjunkturrisiken bleiben High Yield Anleihen und Schwellenländer-Anleihen in Euro währungsgesichert nur vorsichtig beigemischt“, erörtert Markus Dürnberger abschließend.