Die Anlageklasse Contingent Capital (CoCos – von Contingent Convertible Bonds – Anm. d. Red.) hat einen turbulenten Start ins Jahr 2023 erlebt, der durch den Zusammenbruch der Silicon Valley Bank, Signature Bank, First Republic und Credit Suisse geprägt wurde. Die Ereignisse im März führten zunächst zu einer dramatischen Neubewertung der Kapitalstruktur globaler Banken, wobei sich die Spreads in den Bereichen Senior, Tier 2 und AT1 erheblich ausweiteten. Insbesondere AT1-Papiere litten in den Tagen nach den Ereignissen bei der Credit Suisse unter einer hohen Volatilität. Die Klarstellungen verschiedener Aufsichtsbehörden rund um den Globus waren jedoch eine wichtige Stütze, um die anhaltenden Zweifel an dieser Anlageklasse zu zerstreuen.
Verbessertes Umfeld
Gestützt durch gute Quartalsergebnisse der Banken in der EU und im Vereinigten Königreich, ein robusteres makroökonomisches Umfeld und einen allmählich nachlassenden Inflationsdruck hat sich das Umfeld in letzter Zeit verbessert. Dies alles hat zu einer allmählichen Erholung des Eigenkapitals der Banken geführt. Infolgedessen haben sich die Spreads von CoCos gegenüber dem hohen Niveau von März 2023 bereits verringert, und die Anlageklasse bleibt einer der am attraktivsten bewerteten Bereiche des Anleihemarktes.
Künftige Entwicklung
Was bedeutet dies für die Anlageklasse in der zweiten Jahreshälfte? Während eine moderate und allmähliche Verschlechterung der Aktiva-Qualität der Banken im zweiten Halbjahr 2023 und 2024 wahrscheinlich ist, haben die Banken unserer Ansicht nach ihre Ausgangsposition in den letzten 15 Jahren erheblich verbessert, einschließlich einer Stärkung der Kreditvergabestandards, der Liquiditätsniveaus und der Kapitalposition. Unserer Ansicht nach wird sie dies in die Lage versetzen, den künftigen Anstieg der Risikokosten im Zusammenhang mit einer potenziellen Konjunkturabschwächung in Europa und Großbritannien aufzufangen.
Trotz der besonderen Situation bei der Credit Suisse ist der Bankensektor in Europa in Bezug auf die Bilanzqualität wahrscheinlich so gut wie nie zuvor. Seit der globalen Finanzkrise haben die Banken ihren Fremdkapitalanteil reduziert und sich von problembehafteten Vermögenswerten getrennt, wie der Rückgang der durchschnittlichen notleidenden Kredite von 4,5 % vor fünf Jahren auf unter 2 % zeigt. Wir gehen auch davon aus, dass der britische Bankensektor trotz der Bedenken des Marktes in Bezug auf das Hypothekenrefinanzierungsrisiko und die mögliche Verlangsamung der Wirtschaftstätigkeit weiterhin widerstandsfähig sein wird.
Liquidität und Stabilität der Einlagen sind nach den Turbulenzen im regionalen US-Bankensektor nach wie vor sehr wichtige Themen. Doch selbst in dieser Hinsicht zeigen sich die europäischen Banken weiterhin sehr widerstandsfähig, da sie einen hohen Anteil an versicherten Einlagen aufweisen und die Kunden weniger geneigt sind, ihre Ersparnisse in den Geldmarktbereich zu verlagern. Auch eine Verlagerung von Giroeinlagen zu Termineinlagen ist ein deutlicher Trend.
In diesem Umfeld werden Contingent Convertibles-Anleihen (CoCos oder AT1s) mit einer Rendite (yield to worst) von über 9 % (ungesichert) und einem Spread von über 500 Basispunkten im historischen Vergleich derzeit günstig gehandelt. Die aktuellen relativen Bewertungen sind ebenfalls sehr attraktiv, insbesondere im Vergleich zu den europäischen und US-amerikanischen Hochzinsmärkten und auch zu den Vorzugsaktien der US-Banken.
Strategische Bedeutung
Im Hinblick auf unsere CoCo-Strategie halten wir es für sinnvoll, die Duration allmählich zu erhöhen. Wir gehen davon aus, dass, wenn die Wirtschaft schwächer wird und der Inflationsdruck nachlässt, die Zentralbanken im Jahr 2024 zu einer lockeren Zinspolitik übergehen müssen. Wir sind auch der Meinung, dass die Kreditauswahl von größter Bedeutung ist und dass es ein guter Zeitpunkt ist, CoCo-Emittenten mit höherer Qualität zu besitzen – um gegebenenfalls ein wenig Rendite zu opfern und bei den stärksten Instituten zu bleiben. Wir glauben, dass CoCo-Anleger auf diese Weise sehr gute Renditen erzielen können, ohne in einem unsicheren makroökonomischen Umfeld und volatilen Märkten übermäßige Risiken einzugehen.
Aus der Sicht der Emittenten konzentrieren wir uns weiterhin auf nationale Banken-Champions und risikoarme Institute wie die britischen Bausparkassen (Building Societies). Wir konzentrieren uns stets auf Banken mit großen Kapitalpuffern, um potenziellen Ertragsschwankungen standzuhalten. Die von uns bevorzugten Regionen sind das Vereinigte Königreich (nationale Champions und Building Societies), Italien (nationale Champions) und Spanien (nationale Champions und einige kleinere Banken). Dagegen erscheinen uns Deutschland, Frankreich, die Niederlande und die Schweiz weniger attraktiv.
In Deutschland sehen wir ein übermäßiges Engagement in KMU und Unternehmensimmobilien, während die Bewertungen in Frankreich immer noch relativ unattraktiv erscheinen. Auch US-Finanztitel erscheinen uns aufgrund der engen Spreads bei größeren Instituten und der schwachen Fundamentaldaten im regionalen Bankenuniversum unattraktiv.
Bei Einzelinstrumenten bevorzugen wir Produkte mit kürzerer Laufzeit, um Rezessionsrisiken und die potenziellen Auswirkungen auf die Kreditspreads im Falle einer Verlangsamung des Wirtschaftswachstums zu steuern. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt sehen wir nur eine begrenzte Spreadausweitung bei längeren erwarteten Laufzeiten, da die Kreditkurven flach bleiben. Wir bevorzugen High-Reset-Anleihen, da sie in Stresssituationen widerstandsfähiger sind und im Falle einer Verlängerung (Non-Call) einen höheren Cupon bieten.