Der australische Markt wird im globalen Kontext häufig übersehen. Jason Pidcock und Sam Konrad, Investment Manager im Asian Equity Income Team bei Jupiter Asset Management, analysieren in ihrem aktuellen Marktkommentar, woran das liegen könnte und warum Australien in ihrer Strategie vielmehr der am höchsten gewichtete Markt ist.
Entwickelter Markt und einzigartige demografische Voraussetzungen
Einer der Vorteile von Anlagen in der Region Asien-Pazifik besteht darin, dass dort nicht nur einige der wachstumsstärksten und dynamischsten Schwellenländer der Welt zu finden sind, sondern auch mehrere reife entwickelte Märkte hoher Qualität. Anlegern eröffnet der Chancenreichtum der Region vielfältige Möglichkeiten für den Aufbau diversifizierter Portfolios, die vom Besten, das die Region zu bieten hat, profitieren können.
Insbesondere Australien ist ein entwickelter Markt, der von globalen Investoren oft übersehen wird, unserer Ansicht nach jedoch einzigartige geografische und demografische Voraussetzungen für eine sehr positive Entwicklung bietet.
„Industrieland“ und „Bevölkerungswachstum“ sind Begriffe, die selten in einem Atemzug genannt werden. Daten von UBS und Refinitiv zeigen, dass das Bevölkerungswachstum in den USA, Großbritannien, Frankreich, Japan und Deutschland seit der Jahrtausendwende gegenüber den 1990er Jahren zurückgegangen ist und im Schnitt unter 1% pro Jahr liegt. In Deutschland und Japan ist die Bevölkerung in den 2000er bzw. 2010er Jahren sogar geschrumpft.
Australien hingegen weist ein Bevölkerungswachstum auf, das eher mit dem eines Schwellenlandes vergleichbar ist: Seit den 1990ern wächst die australische Bevölkerung – in den 20 Jahren vor der Corona-Pandemie mit einer durchschnittlichen Rate von 1,5%. Das ist vergleichbar mit dem Bevölkerungswachstum von Ländern wie Indien, Malaysia und den Philippinen.
Aus Sicht der australischen Unternehmen ist das schnelle Bevölkerungswachstum gleichbedeutend mit einer wachsenden Kundenbasis, der sie ihre Waren und Dienstleistungen verkaufen können. Noch wichtiger als die schiere Anzahl der Menschen ist jedoch die Tatsache, dass neu zugezogene Migranten in Australien in der Regel wohlhabend sind und/oder eine berufliche Ausbildung haben, sodass sie sofort einen bedeutenden Beitrag zur Wirtschaft leisten können.
Nach Angaben des Credit Suisse Research Institute liegt das durchschnittliche Vermögen, pro Erwachsenen in Australien, bei 275.000 USD und ist damit bereits höher als in Großbritannien, Frankreich und sogar der Schweiz. Dabei zeigt der Trend weiter nach oben.
Lohnender Markt für Unternehmen und Investoren
Die Geschicke einer Nation werden auch durch geografische Faktoren bestimmt. Gemessen an der reinen Landmasse ist Australien zweifellos ein riesiges Land. Gleichzeitig ist es aber geografisch abgelegen und durch einen großen Zeitzonenunterschied von einem Großteil der englischsprachigen Welt getrennt. Das macht geschäftliche Aktivitäten an diesem Markt zu einer logistischen Herausforderung und hält potenzielle Disruptoren davon ab, zu versuchen, im australischen Inlandsmarkt Fuß zu fassen. Dementsprechend hoch ist die Profitabilität der etablierten Player in diesen konzentrierten Branchen.
Neben einer nachhaltig hohen Profitabilität der dortigen Unternehmen bietet Australien Anlegern auf der Suche nach attraktiven Erträgen einen zusätzlichen Anreiz, in diesem Markt aktiv zu werden: Die Dividendenrendite börsennotierter australischer Unternehmen ist fast doppelt so hoch wie der weltweite Durchschnitt. Angesichts der Aussicht auf eine längere Phase schwächerer globaler Wachstumsraten bietet dieser Markt Aktienanlegern ein reichhaltiges Jagdrevier für Aktien mit hohen Dividendenrenditen, ohne Abstriche bei der Unternehmensqualität machen zu müssen.
Zudem haben sich australische Unternehmen – zumindest in Bezug auf ihre Gewinn- und Verlustrechnung – als unabhängig vom globalen Konjunkturzyklus erwiesen. Zu einem großen Teil ist dies darauf zurückzuführen, dass sich diese Unternehmen stärker auf den inländischen Markt konzentrieren und weniger international ausgerichtet sind. Das soll nicht heißen, dass sich Australien völlig abgekoppelt hat – Rohstoffaktien und in gewissem Maße Finanzwerte werden ganz sicher durch das globale Wirtschaftsumfeld beeinflusst. Ohne diese beiden Sektoren ist der Nettogewinn des australischen Aktienuniversums nicht einmal halb so stark mit dem globalen BIP-Wachstum korreliert wie der Rest der entwickelten Welt.
Australischer Markt im globalen Kontext übersehen
Australische Aktien sind in unserer Asia Pacific (ex Japan) Equity Income Strategie seit ihrer Auflegung deutlich übergewichtet, und zwar sowohl aus den oben genannten makroökonomischen Gründen als auch aufgrund der individuellen aktienspezifischen Qualitäten der dort notierten Unternehmen.
Dennoch haben wir oft das Gefühl, dass der australische Markt im globalen Kontext übersehen wird. Über die Gründe dafür kann man nur spekulieren. Ein Grund könnte sein, dass Australien in Marktindizes in der Regel mit vielen Schwellenländern zusammengefasst wird und dadurch, wie ein seltsamer Ausreißer wirkt.
Es könnte aber auch daran liegen, dass die Anleger angesichts des überhitzten Immobilienmarktes und der hohen Verschuldung der australischen Verbraucher befürchten, dass es irgendwann zu einer Krise wie 2008 kommen könnte. Wir können diese Bedenken nicht ganz von der Hand weisen (wir sind beispielsweise nur in geringem Maße direkt am australischen Immobilienmarkt engagiert). Wir sehen aber viel, das für eine positive Entwicklung spricht. So sind Australiens wirtschaftliche Fundamentaldaten mit einer niedrigen Arbeitslosigkeit, einer geringen Staatsverschuldung und einem hohen Leistungsbilanzüberschuss sehr solide.
Letztlich gehen wir davon aus, dass australische Aktien in den nächsten Jahren von einer Kombination mehrerer Faktoren profitieren werden und erwarten, dass der Markt besser performen wird als viele andere asiatisch-pazifische und globale Märkte. Daher bleibt Australien der in unserem Portfolio am höchsten gewichtete Markt.