Als Initiator von Seilern Investment Management haben Sie viel erlebt und mit vielen Menschen Kontakt gehabt. Was war der beste Ratschlag, den Sie für ihre berufliche Laufbahn je erhalten haben?
Den besten Rat habe ich aus eigener Erfahrung gezogen: In einem Geschäft, wie dem Anbieten von Investitionsdienstleistungen, können nur die besten Leute die Arbeit richtig machen. Mittelmäßigkeit führt unweigerlich zum Scheitern.
Welche Begegnung, im beruflichen Umfeld, war für Sie von entscheidender und richtungsweisender Bedeutung?
Die wohl wichtigste Begegnung meines Berufslebens war jene mit Nils Taube, einem estnischen Flüchtling, dessen Familie von Stalin zwangsumgesiedelt wurde und der sich nach dem Zweiten Weltkrieg im Vereinigten Königreich niederließ. Taube wurde von der britischen Publikation Moneyweek als größter Investor der Welt bezeichnet, und seine Erfolgsbilanz bestätigt diese Behauptung. Ich hatte das Privileg, ihn regelmäßig in seinem Büro zu treffen und er war mir gegenüber mit seiner Zeit und seinen Ratschlägen sehr großzügig.
Welche berufliche Erfahrung hat Sie in Ihrem unternehmerischen Denken in einer Weise beeinflusst, die man als wegweisend für die Entwicklung und Ausrichtung Ihres Unternehmens bezeichnen könnte?
Sobald man nach gründlichem Nachdenken zu einer verbindlichen Überzeugung gelangt, ist es wichtig dieser zu folgen, ohne in falsche Richtungen abzudriften.
Was war für Ihren Werdegang die wichtigste Lektion, die Sie gelernt haben?
Die wichtigsten Parameter für Erfolg sind Überzeugung, Geduld und Beharrlichkeit. Diese Elemente sind eng miteinander verbunden, müssen jedoch auf einer soliden, langfristig ausgelegten Strategie beruhen.
Viel von Ihrer Erfahrung als Investor stellen Sie in Ihrem Buch „Die besten Aktien der Welt“ dar, welches in diesem Jahr in vierter Auflage erscheinen wird. Wenn Sie ein zweites Buch veröffentlichten würden, welchen Themen wäre es gewidmet?
Ein zweites Buch würde sich eingehender mit dem irrigen Konzept befassen, wonach das Erreichen überdurchschnittlicher Anlagerenditen auf lange Sicht mit der Übernahme eines hohen Risikos verbunden sein muss. Der Mythos “hohes Risiko/hohe Rendite” hat konsequent und dauerhaft ungeheure Kapitalmengen vernichtet. Leider hat sich dieser Lehrsatz auch im Denken der großen Anleger-Mehrheit als Weisheit durchgesetzt. Dies wird sich, fürchte ich, niemals ändern.
Welche Bücher haben Sie im Laufe Ihres beruflichen Lebens besonders beeindruckt und beeinflusst?
Von maßgeblichem Einfluss für meinen beruflichen Werdegang war “Good to great” von James C. Collins. Seine Beschreibung großartiger Unternehmen ähnelt stark meiner eigenen Definition, auch wenn es durchaus Unterschiede und Nuancen gibt.
Ebenfalls richtungsweisend war “Der intelligente Investor” von Benjamin Graham, obwohl dieses Buch für Value-Investoren geschrieben wurde, deren Arbeit wenig Ähnlichkeit mit jener von Qualitätswachstums-Investoren hat.
Wenn Sie auf Ihre Karriere zurückblicken, was würden Sie sagen, war Ihr größtes Glück?
Dass ich meine beiden Neffen davon überzeugen konnte, in meine Fußstapfen zu treten und das Unternehmen in die nächste Generation und hoffentlich darüber hinaus weiterzuführen.
Welche Persönlichkeit – sei es in Ihrer Branche aber auch durchaus unabhängig von dieser, die außerordentliches geleistet hat, bewundern oder achten Sie speziell und aus welchem Grund?
Meine tiefste Bewunderung gilt dem verstorbenen Dr. Otto von Habsburg, der, obwohl er kein Experte in Finanzfragen war, eine einzigartige geopolitische Sicht auf Europa und die Welt hatte. So war es ihm möglich, alle großen historischen Ereignisse der Jetztzeit, lange bevor sie eintraten, vorherzusehen. Das gilt sowohl für die Aggression, die Russland heute gegen seine Nachbarn an den Tag legt, als auch für die Jugoslawienkriege in den 1990er Jahren. Vor allem aber war er maßgeblich an der Rettung dessen beteiligt, was von Österreich als unabhängiges Land nach dem Zweiten Weltkrieg übriggeblieben war.
Ausgehend vom Wissen um das Investment-Business, das Sie heute besitzen, was davon hätten Sie gerne am Beginn Ihrer Karriere gewusst und welchen Nutzen hätten Sie daraus gezogen?
Die Finanzmärkte sind per Definition darauf ausgelegt, dem Anleger das Geld aus der Tasche zu ziehen. Wie die Berge oder das Meer scheinen sie verlockend und freundlich zu sein, sind aber in Wirklichkeit unbarmherzig. Sie haben kein Gewissen und verzeihen nie.
Zur Person:
Peter Seilern ist Vorsitzender, Direktor und Mehrheitsaktionär von Seilern Investment. Er begann seine Karriere im Finanzdienstleistungsbereich 1973 in Wien.
Nach längerer beruflicher Tätigkeit in der Schweiz, legte er in London den Grundstein für sein Unternehmen – Seilern Investment Management. Seit vielen Jahren lebt er in Monaco; ist jedoch nach wie vor geschäftlich und privat mit Österreich verbunden.