Forderungen verkaufen und damit Wachstum finanzieren, saisonale Umsatzschwankungen ausgleichen und wesentliche Kennzahlen verbessern: Factoring ist jetzt auch in Österreich endgültig „angekommen“. Der Gesamtmarkt für Factoring hierzulande wächst dynamisch und konnte allein in den letzten vier Jahren einen Zuwachs von insgesamt 49% auf 27,2 Mrd. € (Volumen der angekauften Forderungen) verzeichnen. Im letzten Jahr ist der Markt in Österreich um 13 Prozent gestiegen. TOP LEADER sprach mit Andreas Bene und Gerhard Prenner, den beiden Vorständen der Raiffeisen Factor Bank.
Factoring ist in Österreich eine Erfolgsstory – wie sehr ist die Raiffeisen Factor Bank daran beteiligt?
Andreas Bene: Wir haben unseren Wachstumskurs fortgesetzt und konnten den Umsatz dank konsequenter Ausrichtung auf unsere Kunden im Jahr 2019 – gewissermaßen passend zur Jahreszahl – um 19 Prozent steigern. Viele erfolgreiche Unternehmen haben sich im Vorjahr für Factoring entschieden.
Gerhard Prenner: In Zahlen: Mit einem neuen Rekord beim angekauften Forderungsvolumen bzw. Umsatz von neun Mrd. Euro konnten wir unseren Marktanteil von 31 auf 33 Prozent verbessern. 2018 lag das angekaufte Forderungsvolumen noch bei rund 7,5 Mrd. Euro.
Worauf führen Sie diese Steigerung zurück?
Bene: Wir haben 2019 die digitale Kundenplattform ‚Smart Factoring‘ erfolgreich eingeführt und mit dieser neuen Oberfläche für Kommerzkunden rund 3,6 Mio. Rechnungen vollautomatisch verarbeitet.
Was kann Smart Factoring?
Prenner: Bei Smart Factoring ist der gesamte Kunde-Bank-Prozess digital end-to-end integriert, was den vollautomatisierten Ankauf von Lieferforderungen ebenso wie die Einlösung von Lieferantenverbindlichkeiten (das heißt Reverse Factoring oder Confirming) ermöglicht. Das macht den Datenaustausch zwischen uns und den Kunden effizient, schnell und kostengünstig.
Bene: Smart Factoring offeriert alle wesentlichen Informationen in Echtzeit auf einen Blick. Damit haben unsere Kunden jederzeit Zugang zu allen Daten wie Auszahlung, Kundenposition, offene Posten oder Debitoren und Kreditoren.
Prenner: Ohne falsche Bescheidenheit: Smart Factoring ist international eines der modernsten Abwicklungs- und Kundensysteme.
Kann Factoring auch beim Export hilfreich sein?
Bene: Absolut! Gerade wenn neue Märkte erschlossen werden und die Abnehmer noch nicht lange bekannt sind, bietet sich ein Verkauf der Auslandsforderungen an. Zusätzlich kann sich der heimische Exporteur vor Zahlungsausfällen ausländischer Abnehmer schützen, wenn er mit uns die Übernahme des Delcredererisikos vereinbart.
Prenner: Mit der innovativen Finanzierungsform Export Factoring können vereinbarte Zahlungsziele nicht nur finanziert, sondern auch Zahlungsziele verlängert werden. Der Exporteur verfügt durch den Forderungsverkauf über ausreichend Liquidität und kann gleichzeitig eine ‚Absatzfinanzierung‘ anbieten: Der ausländische Abnehmer verkauft die gelieferte Ware noch innerhalb des verlängerten Zahlungsziels, das der Austro-Exporteur eingeräumt hat.
Wie man von Factoring profitieren kann
- Expansionsmöglichkeiten Die Raiffeisen Factor Bank kauft und bevorschusst offene Forderungen, wodurch sich der Kunde umsatzkonform finanzieren kann. Vereinbarte Zahlungsziele von mehreren Monaten verkürzen sich durch Factoring auf wenige Stunden, und die Finanzierung passt sich dem saisonalen Umsatzverlauf an. Mit den durch Factoring erhaltenen flüssigen Mitteln kann weiter expandiert werden, und das Unternehmen kann sich auf das Kundengeschäft und damit auf seine Kernkompetenzen konzentrieren.
- Sicherheit, Kennzahlen, Export Mit Factoring kann man sich auch gegen Zahlungsausfälle absichern. Bei einem Insolvenzfall leistet die Raiffeisen Factor Bank für den Schadensfall bis zur vereinbarten Limithöhe. Auch beim Rating steht Factoring für einen positiven Beitrag: Der Verkauf der Forderungen kann eine Bilanzverkürzung bewirken und damit zur Verbesserung wichtiger Kennzahlen wie der Eigenkapitalquote führen.