Günther Apfalter

Die Beschäftigung mit den Mitarbeitern ist für den Magna-Europa-Chef ein wichtiger Teil der Leadership. Was er nicht mag: übertriebenes Diesel-Bashing, reden, ohne zu handeln, und nächtliche E-Mails.
© APA-PicturedeskVGN-Ian-Ehm

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Der Schnellboot-Admiral

Privat
Der 59 Jahre alte Oberösterreicher ist seit 30 Jahren verheiratet, lebt in Linz und hat drei Kinder sowie zwei Enkel. Er geht gerne auf die Jagd und arbeitet im eigenen Wald. Zu seinen Hobbys zählen auch das Skifahren und das Bergsteigen.

Karriere
Günther Apfalter hat Agrarökonomie in Wien studiert und begann seine Karriere 1985 im Traktorenvertrieb bei Steyr Daimler Puch. 2002 wechselte er zu Magna Powertrain, war für Asien und Europa verantwortlich. 2007 wurde er Leiter der Magna Fahrzeugtechnik in Graz, seit 2010 ist er Europachef von Magna International.

Magna
Magna ist ein führender Zulieferer der Automobilindustrie.
168.000 Mitarbeiter in 347 Produktionsbetrieben und 92 Entwicklungs-, Engineering- und Vertriebszentren arbeiten in 28 Ländern für den Konzern. Die Produkte von Magna finden sich in fast allen Fahrzeugen der Welt. In der EU arbeiten 63.000 Menschen für Magna, rund 10.000 davon allein bei der Magna Fahrzeugtechnik in Graz. Dort werden Fahrzeuge für verschiedene OEM zusammengebaut. In Österreich sind 17.125 Mitarbeiter bei Magna beschäftigt, damit ist es der zweitgrößte EU-Standort nach Deutschland.

„WENN MAN KEINE ENERGIE IN DIE ORGANISATION STECKT, IST DAS UNGEFÄHR SO, WIE WENN IN EINER FAMILIE KEINE ENERGIE FÜR DIE ENTWICKLUNG DER KINDER AUFGEWENDET WIRD.“

Die Karriere von Günther Apfalter ist von einem stetigen Aufstieg geprägt: Begonnen hat der Manager bei Steyr Daimler Puch, wo er für den Traktorenbereich verantwortlich zeichnete. Bei Magna übernahm er erst die Verantwortung für die Antriebsstrang-Sparte des Unternehmens, die Magna Powertrain. Es folgte die Leitung von Magna Steyr, 2010 dann sein vorerst letzter Karriereschritt: Apfalter zog in den Vorstand von Magna International ein und ist seither Magna-Europa-Chef.

Seine eigene Karriere betrachtet der 59-Jährige eher unaufgeregt. „Meilensteine sehe ich in meinem Berufsweg nicht. Es war immer ein logischer Verlauf. Ich habe mir nie konkrete Karriereschritte vorgenommen“, schildert der Magna-Europa-Verantwortliche. Man müsse im Laufe seines Lebens auch bereit sein, Sidesteps zu machen, erläutert Apfalter seine Philosophie. „Bei Steyr Daimler Puch habe ich mich am Anfang nur um den Vertrieb der Traktoren gekümmert. Als man mir angeboten hat, die Organisation zu übernehmen, habe ich das als Chance gesehen. So bin ich dann auch mit Entwicklung und Produktion vertraut geworden.“

Feedback in beide Richtungen

Unter Leadership versteht der Magna-Europa-Chef vor allem die Beschäftigung mit den Mitarbeitern. Fordern und fördern ist dabei Apfalters Devise. „Man muss seinen Mitarbeitern Feedback geben. Aber ebenso wichtig ist es, Feedback von ihnen zu verlangen.“ Der Spitzenmanager folgt bei seiner Führungstätigkeit einem gewissen Zeitplan: „Wenn dein Arbeitstag acht Stunden hat, solltest du sechs Stunden operativ arbeiten. Eine Stunde muss für das Strategische da sein und die letzte Stunde für die Organisationsentwicklung.“

In Apfalters Augen wird manchmal zu wenig Zeit für genau diese Organisationsentwicklung investiert. „Wenn man keine Energie in die Organisation steckt, ist das ungefähr so, wie wenn in einer Familie keine Energie für die Entwicklung der Kinder aufgewendet wird.“

Zwei wichtige Mentoren habe er in seinem Berufsleben gehabt, erinnert sich der Magna-Europa-Chef. „Der eine ist Rudolf Streicher, er ist auch immer noch mein Vorbild.“ Vom ehemaligen Steyr-Daimler-Puch-Generaldirektor und Verkehrsminister habe er drei wesentliche Dinge mitgenommen: „Bleib immer am Boden, mach dich ersetzbar und bereite dich auf neue Aufgaben vor.“ Streicher, mit dem er immer noch gut befreundet sei, habe ihm auch andere wertvolle Ratschläge gegeben: „Er hat immer gesagt, sammle gute Leute um dich. Tue unangenehme Dinge zuerst. Und vielleicht das Wichtigste, sei nicht nur Schönwetterkapitän, sondern führe das Schiff auch im schlechten Wetter.“ Einen weiteren Rat von Rudolf Streicher hat Apfalter immer beherzigt: „Verbiege dich nicht!“

Als zweiten Mentor nennt der Manager seinen Vorgänger als Chef von Magna Europa, Siegfried Wolf. Dieser habe immer vor zu viel Aktionismus in Krisensituationen gewarnt. „Zu Tode gefürchtet ist auch gestorben – das habe ich von ihm gelernt.“

Schnellboote statt Tanker

Magna brauche starke Führungspersönlichkeiten, ist der Europa-Chef überzeugt. „Das Unternehmen ist anders als der typische DAX-Konzern. Wir sind wie eine Flotte von Schnellbooten gegenüber einem großen Tanker. Bei uns herrscht der Geist des Unternehmertums auf allen Ebenen. Unser Motto ist: Rede nicht nur, sondern setze um, und zwar mit einer Vision. Natürlich kommt Magna bei alldem die schlanke Hierarchie zugute.“

Ein Vorteil von Magna ist für Apfalter auch, dass es ein internationaler Konzern mit dem Headquarter in Kanada ist. „Die kanadische Mentalität ist viel europäischer als jene der US Kultur. Die Zusammenarbeit mit den Europäern funktioniert deswegen sehr gut.“

Eine große Herausforderung für Magna und die Automobilindustrie sieht der Manager im Elektromobilitäts-Hype. Diesen hält Apfalter für stark überzogen. „Die Energie muss schließlich irgendwoher kommen. Und man muss sich die Gesamtenergiebilanz eines Fahrzeugs anschauen: Rohstoffe, Produktion, Verbrauch bis hin zum Wiederverwerten des ausgedienten Autos. Woher kommt die dafür notwendige Energie, wie wird sie erzeugt? Wenn man das nicht nur ausschnittsweise betrachtet, wird schnell klar, dass der Verbrennungsmotor bei den Gesamtemissionen besser abschneidet als ein Auto mit Lithium-Ionen-Akku. Vom Preis-Leistungs-Verhältnis rede ich da noch gar nicht.“ Letztlich werde sich das E-Auto mit Akkus nur im urbanen Bereich bewähren, ist sich Apfalter sicher.

Apfalter wehrt sich auch gegen das Diesel Bashing: „In den Dieselmotoren steckt noch Entwicklungspotenzial. Der Verbrauch und damit die Emissionen können noch verbessert werden.“ Die Stimmung gegen SUV gefällt dem Magna-Europa-Chef ebenfalls nicht. „SUV werden weiter gekauft. Die Menschen wollen ohne Einschränkungen mobil sein und schätzen es nicht, wenn man sie zu stark reglementieren will.“

Zukunft Wasserstoff

Auf jeden Fall weiterverfolgen wird Magna aber die Wasserstofftechnologie für Brennstoffzellen. Bei der Fahrzeugtechnik in Graz wird schon seit längerem zum Thema Wasserstoff geforscht. „Es geht dabei um die Fahrzeuge, die 2030 auf den Markt kommen werden“, schildert Apfalter. „Autos, die man ab 2025 kaufen können wird, sind ja bereits fast fertig entwickelt.“ Insgesamt sieht der Magna-Europa-Chef eine Evolution auf die Mobilität zukommen und plädiert dabei für Augenmaß und vor allem eine breite Zusammenarbeit: „Gesellschaft, Politik und Industrie müssen diese Evolution gemeinsam steuern.“

Die Klimadiskussion verleihe den Veränderungen eine zusätzliche Dynamik, sagt Apfalter. „Das liegt auch daran, dass uns die modernen Kommunikationsmöglichkeiten Nachrichten aus allen Winkeln der Welt in Sekundenschnelle ins Haus bringen.“ Die Sorge wegen des Klimawandels sei aber positiv zu sehen. „Es ist wie mit dem sauren Regen im vergangenen Jahrhundert. Die Maßnahmen, die getroffen wurden, als diese Problematik ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gedrungen ist, haben ja nicht geschadet, im Gegenteil.“

„WENN ICH MICH NICHT DARUM KÜMMERE, SELBER LEUTE ZU ENTWICKELN … DARF ICH MICH NICHT WUNDERN, WENN ICH KEINE MITARBEITER BEKOMME.“

Eine andere Herausforderung speziell in Europa ist für Apfalter der Fachkräftemangel. Unternehmen müssten sich mehr mit diesem Problem befassen: „Wenn ich mich nicht darum kümmere, selber Leute zu entwickeln oder sie von außen an Bord zu holen, darf ich mich nicht wundern, wenn ich keine Fachkräfte habe.“ Magna bilde deshalb in Graz jedes Jahr 200 Lehrlinge aus.

Den Mitarbeitern müsse auch eine ordentliche Work-Life-Balance ermöglicht werden. Dazu gehören für Apfalter nicht nur betriebliche Leistungen – wie zum Beispiel der eigene Kindergarten im Grazer Werk –, sondern auch eine Unternehmensphilosophie, die den Stellenwert der Freizeit für die Mitarbeiter richtig einschätze. Er selbst, so Apfalter, halte nichts davon, rund um die Uhr nur an die Arbeit zu denken: „Wenn mir jemand nach 22 Uhr ein E-Mail schickt, wenn es nicht wirklich wichtig und dringend ist, ist er mir suspekt. Im Grunde gibt es nur zwei Möglichkeiten – er oder sie ist unorganisiert oder ein Wichtigmacher.“

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