„Sind Sie besorgt über den Euro?“ fragte mich einst der Moderator von Post Morning News. „Natürlich bin ich das“, antwortete ich, „aber vielmehr bin ich um den Dollar besorgt!“ „Oh why?“, war die erstaunte Antwort. Meine Replik: „Schauen Sie doch auf die Austauschrelation zwischen Euro und Dollar und dann sagen Sie mir welche die starke und welche die schwache Währung ist.“ Der Moderator wechselte das Thema.
Zwischenzeitlich ist der Dollar stärker und der Euro schwächer geworden. Grund sich um den Euro Sorgen zu machen? Ja, natürlich. Und das bedeutet auf die mannigfachen Ursachen einzugehen. Einige davon möchte ich erwähnen:
Die Leitzinspolitik ist in der Europäischen Union sehr zögerlich. D.h. die amerikanischen Banken bieten bessere Zinsen für Anleger als dies in Europa möglich ist. Begründet wird dies damit, dass man die übermäßig verschuldeten europäischen Staaten nicht mit zusätzlichen Zinsen belasten darf. Dieses Argument geht ins Leere, denn für Staaten, die in Probleme geraten, gibt es mit dem Europäischen Rettungsschirm ESM ein wirksames Instrument. Dieser ist allerdings mit Reformanforderungen verbunden. Werden Reformen heute jedoch nicht durchgeführt, verschiebt man Probleme nur in die Zukunft.
Die Stärke einer Währung hängt auch von der Kompetenz der dahinterstehenden Politik ab. Wo ist diese? Es herrscht Krieg in Europa, die ökonomischen Verlierer werden die Ukraine, Russland und Europa sein. Die Gewinner sind die USA und längerfristig auch China. Ist es da ein Wunder, dass man der Währung misstraut?
Währungsfragen sind auch Standortfragen. Wer investiert in Europa? Der gemeinsame Markt ist ein Torso geblieben, Energiefragen, Kapitalmarkt und Digitalisierung sind nach wie vor Nationalreservate. Und Investitionen erfolgen zumeist dort, wo auch die Innovationen stattfinden, also Wissenschafts- und Forschungsergebnisse ihre Umsetzung finden. Wie stark ist jedoch Europa in Wissenschaft und Forschung? Unter den Top Ten Universitäten der Welt ist keine einzige aus EU-Europa!
Unsere Zeit erfordert mit ihren zum Teil rasanten Veränderungen rasche Entscheidungen. Europa ist hingegen durch den Zwang zur Einstimmigkeit aller 27 Länder in den wichtigen Fragen der Außen- und Sicherheitspolitik sowie der Wirtschafts- und Finanzpolitik blockiert. Solange es diesen Gordischen Knoten nicht zu durchschlagen vermag, wird es gelähmt, d.h. in weiten Bereichen handlungs- und entscheidungsunfähig bleiben.
Ein wichtiger Punkt ist auch ein emotioneller: Die Frage des Vertrauens in eine Währung. Wem traue ich für die Zukunft etwas zu? Sind es die oft wehleidigen und resignativen Europäer oder andere, durchwegs dynamischere und agilere Regionen in dieser Welt? Andere sind hungrig, Europa ist satt. Kein gutes Zukunftssignal. Oder positiv gesagt, das ist etwas woran wir hart arbeiten müssen, um verloren gegangenes Vertrauen wieder zu erlangen!
Autor: Christoph Leitl