Vor dem Hintergrund der technologischen Transformation sowie der Corona-Krise gewinnen Um- und Weiterbildung an Bedeutung. Für Erwachsene sind Unternehmen die wichtigsten Bereitsteller für Weiterbildungs- und Qualifizierungsmöglichkeiten. Dennoch ist wenig darüber bekannt, wie Aus- und Weiterbildung in den Unternehmen genau umgesetzt wird.
In einer kürzlich abgeschlossenen OECD-Studie wurden insgesamt 100 Unternehmensfallstudien zu Weiterbildungsaktivitäten in den Ländern Österreich, Estland, Frankreich, Irland und Italien durchgeführt. Ziel war es Einblick zu bekommen, welche betrieblichen Weiterbildungsmöglichkeiten angeboten werden, welche Gründe für bzw. gegen betriebliche Schulungen sprechen und wie Entscheidungen zu Schulungsaktivitäten getroffen werden. Die KMU Forschung Austria war für die österreichischen Fallstudien verantwortlich.
Höhere Rentabilität, bessere Karriereaussichten
Warum bilden die Unternehmen ihre Beschäftigten weiter? In der Befragung werden „der Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit“, „die Notwendigkeit, auf dem neuesten Stand der Technik zu bleiben“ oder auch „die Motivation der MitarbeiterInnen“ als zentrale Motive genannt. Ein weiterer wesentlicher Grund für betriebliche Fort- und Weiterbildung sind gesetzliche Verpflichtungen in Bezug auf Gesundheits-, Sicherheits- und Schutzmaßnahmen (etwa Fortbildungen für Sicherheitsfachkräfte).
„In manchen Branchen ist Weiterbildung ein absolutes Muss, um die Beschäftigten überhaupt im Unternehmen halten zu können“ erklärt Karin Petzlberger, die die Durchführung der österreichischen Fallstudien geleitet hat. Dass Weiterbildung dennoch manchmal zu kurz kommt, liegt häufig an fehlenden Ressourcen: Mangelnde zeitliche und finanzielle Mittel zählen zu den wichtigsten Barrieren für Weiterbildungsaktivitäten in heimischen Unternehmen.
Meist „Learning by doing“
Vom Sprachkurs über die Buchhaltungsschulung bis hin zum mehrwöchigen Maschinentraining – Weiterbildung in Unternehmen findet auf vielfältige Weise statt. Neben formalen Kursen findet man in heimischen Unternehmen ein breites Spektrum an informellen Lernmöglichkeiten, etwa „Learning by doing“ oder „regelmäßigen Austausch mit Kolleginnen und Kollegen“. Studien kommen zu dem Ergebnis, dass mehr als 70% der gesamten Lernzeit in Unternehmen auf informelles Lernen entfällt.
Die Ergebnisse für Österreich zeigen, dass Unternehmen oft keine langfristige Weiterbildungsstrategie verfolgen, sondern anlassbezogen betriebliche Weiterbildungsmaßnahmen setzen. Dabei sind Mitarbeitergespräche ein wichtiges Format für die Entscheidung zu Weiterbildungsaktivitäten. „Entweder schlägt der/die Vorgesetzte konkrete Maßnahmen vor, oder die Mitarbeitenden kommen mit Weiterbildungswünschen auf die Vorgesetzten zu“, fasst Petzlberger die gängige Vorgehensweise zusammen.
Der Zugang zu Weiterbildungsmaßnahmen hängt den befragten Unternehmen zufolge in erster Linie von der Position innerhalb des Unternehmens ab. Beschäftigte in den Bereichen Vertrieb, Personalwesen, Administration, Management, etc. nehmen tendenziell häufiger an Weiterbildung teil als in der Produktion beschäftigte MitarbeiterInnen. Laut Unternehmen ist dies darauf zurückzuführen, dass in den erstgenannten Positionen generell mehr Fortbildung benötigt wird und diese größere Wirkung hat – etwa in Hinblick auf die langfristige Rentabilität des Unternehmens.
Rückgang wegen Covid-19-Krise
In Zusammenhang mit der Corona-Krise gingen die Ausbildungsaktivitäten von Unternehmen zurück. Laut Europäischer Arbeitskräfteerhebung nahmen im Jahr 2020 9,5% der erwerbstätigen Erwachsenen in der EU-27 an Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen teil, gegenüber 11,4% im Jahr 2019. Zu den Gründen zählten unter anderem die Eindämmungsmaßnahmen, durch welche (Präsenz-)Schulungen von Gruppen oder auch Einzelpersonen nicht mehr möglich waren. Auch führten geringere Umsätze zu Sparmaßnahmen und Kürzungen von Weiterbildungsmitteln. In einigen (systemrelevanten) Branchen war die Auslastung wiederum höher als gewöhnlich, sodass den ArbeitnehmerInnen weniger Zeit für Aus- und Weiterbildung zur Verfügung stand.
Aufgrund einer geringeren Auslastung, sowie Einsparung von Pendelzeiten durch Homeoffice hatten die Beschäftigten in einigen Branchen demgegenüber mehr Zeit, um an Fortbildungen teilzunehmen. Auch wurden flexible Zeitpläne von online-Schulungen als erleichternder Faktor für mehr Weiterbildung in Unternehmen gesehen. „Viele Betriebe sahen durch die Pandemie auch einen dringlicheren Bedarf, wettbewerbsfähig zu bleiben und haben darum verstärkt auf Qualifizierungsmaßnahmen gesetzt“ erklärt Karin Petzlberger von der KMU Forschung Austria.