Eine enorme Dynamik herrscht derzeit im Immobilienmarkt. Das betrifft die Preissteigerungen bei den Grundstücken und den Baukosten, was die Kaufpreise allgemein nach oben treibt, aber auch die Masse an Geld, die in Immobilien fließt. Die Grundstückspreisentwicklung ist derart dynamisch, dass die Bewertung einer Immobilie, sobald man sie abgeschlossen hat, von der Entwicklung schon wieder überholt ist. „Ich habe in meinen 32 Jahren Berufspraxis am Immobilienmarkt noch nichts gesehen, das sich so dynamisch entwickelt hat wie die Grundstückspreise“, sagt Franz Pöltl, EHL Investment Consulting. Es ist nicht zu erwarten, dass sich diese Entwicklung abschwächt. Bei den Baupreisen besteht in gewisser Weise die Chance, dass sich diese wieder normalisieren, wenn sich die Lieferengpässe normalisieren. „Ich glaube, im Moment muss man froh sein, dass jemand liefern kann, und das wird bis zum Sommer nächsten Jahres die große Herausforderung sein“, meint Georg Spiegelfeld, Spiegelfeld Immobilien.
Hinsichtlich der Investorengelder, die den Markt fluten, ein Beispiel, das die Situation bestens erklärt: Wenn für ein Objekt zwanzig Gebote vorliegen und wenn 19 Investoren nicht zum Zug kommen, dann sind das pro Deal Milliarden, die weiterhin am Markt platziert werden müssen. Damit wird der Druck noch höher, da die Leute natürlich ihr Geld in Sachwerte investiert sehen wollen.
Fazit: „Die Renditen sind im Sinken“, meint Anton Cermak von Beacon Invest. Zu viel Geld ist am Markt. Für institutionelle Investoren ist bald eine Grenze erreicht, denn sie müssen auch noch die Overheadkosten miteinpreisen. Ein Thema, das Family-Offices nicht betrifft, und daher haben sie auf dem Markt einen gewissen Vorteil. Wie weit die Renditen sinken werden beziehungsweise bis zu welchem Punkt die institutionellen Investoren noch kaufen werden, wird sich im Laufe des kommenden Jahres zeigen.
Ein weiterer Faktor für die gegenwärtige Dynamik ist ESG. Franz Pöltl: „Das Thema ESG hat Fahrt aufgenommen, und sobald wir Corona halbwegs erledigt haben, wird das unser Denken bestimmen.“ Anton Cermak: „ESG beherrscht die Wirtschaft.“ In Zukunft ist zu erwarten, dass ESG-Kriterien auch die Kreditvergabe der Banken beeinflussen werden. „Braune Gebäude werden schwerer oder im Worst Case nicht mehr finanziert werden können“, so der Steuerexperte Gerald Kerbl, Partner bei TPA.
Wie sich die Zinsen weiter entwickeln werden, dazu gehen die Meinungen auseinander. In der aktuellen „Catella Asset-Allokation-Studie 2021: Ergebnisse, Analysen und Handlungsempfehlungen für strategische und zukünftige Immobilieninvestments“ wurden Immobilieninvestoren zu einer sich möglicherweise anbahnenden Zinswende im Euroraum, dem Megatrend Impact-Investing und der steigenden Homeoffice-Quote befragt. Eine große Uneinigkeit der Umfrageteilnehmer ist beim Thema Zinsanhebung in Europa zu erkennen. Rund 30 Prozent rechnen mit einer Zinsanhebung in den nächsten 36 Monaten, über 22 Prozent gehen hingegen von keiner Zinswende aus. Durch den wirtschaftlichen Rebound und krisenbedingte Angebotsengpässe, Lieferkettenschwierigkeiten (Chip-Mangel) und anziehende Energiepreise haben die Inflationserwartungen zuletzt deutlich angezogen. „Ich denke, die Inflation wird nicht unser Thema sein und wird auf europäischer Ebene bei zwei Prozent gewünscht“, sagt Gerald Kerbl.
Eine Podiumsdiskussion mit Gerald Kerbl, Georg Spiegelfeld, Anton Cermak und Franz Pöltl zu diesen Themen finden Sie auf der Immobilien-Redaktion.com: https://immobilien-redaktion.com/immolive/zinsen-steuern-und-renditen-bei-immobilien/.