Privatkonkurse gehen Dank schneller wirtschaftlicher Erholung weiter zurück
Der Gläubigerschutzverband Creditreform hat den aktuellen Trend bei den Privatinsolvenzen für das 1. bis 3. Quartal 2021 in Österreich analysiert. Die Gesamtzahl der Privatinsolvenzen ist um rund 13% auf 5.174 Verfahren weiter zurückgegangen. Die Zahl der eröffneten Schuldenregulierungsverfahren ist um fast 11% auf nur mehr 4.860 Fälle gesunken. Die mangels Vermögen abgewiesenen Insolvenzen sanken gar um 40% auf lediglich 314 Verfahren. Damit wurde ein 15jähriger Tiefststand erreicht.
Zu den Gründen meint Gerhard M. Weinhofer, Geschäftsführer des Gläubigerschutzverbandes Österreichischer Verband Creditreform: „Die Konsumfreude der Österreicherinnen und Österreicher war aufgrund der Lockdowns, der Kurzarbeit und der generellen Sorge um den Arbeitsplatz stark gehemmt. Das führte zu einem Ansteigen der Sparquote. Diese Gründe sowie eine unerwartet schnelle und stärkere Erholung der Wirtschaft im 3. Quartal führten zu einem Rückgang der Privatinsolvenzen auf ein historisches Tief.“
Die Hauptursachen für die Privatinsolvenz liegen traditionell im Verlust des Arbeitsplatzes, in der gescheiterten Selbständigkeit sowie allgemein im sorglosen Umgang mit Geld.
Bundesländervergleich: 8 von 10.000 Erwachsenen sind insolvent
Der Bundesländer-Vergleich zeigt den stärksten Rückgang in Salzburg (-37,1%), gefolgt von Niederösterreich (-23,9%) und Kärnten (-21,7%). Steigende Insolvenzen verzeichnete nur das Burgenland mit einem Plus von 7,4%.
37% aller Privatinsolvenzen ereigneten sich in der Bundeshauptstadt, die sowohl Spitzenreiter bei der absoluten Zahl an Insolvenzen (1.909 Fälle) als auch bei der relativen Insolvenzbetroffenheit ist: 14 von 10.000 erwachsenen Wienern mussten den Gang zum Insolvenzgericht antreten. Österreichweit wurden lediglich 8 von 10.000 Erwachsenen zahlungsunfähig.
Conclusio und Ausblick 2021
Die diversen staatlichen Hilfsmaßnahmen (z.B. die Stundung der Kreditrückzahlungen und Mieten) und vor allem die Eindämmung der Arbeitslosigkeit durch ein großzügiges Kurzarbeitsmodell haben dazu geführt, dass trotz der Wirtschaftskrise die Privatinsolvenzen stark zurückgegangen sind. Die Sparquote hat sich laut OeNB angesichts der unsicheren Zeiten deutlich erhöht.
Seit 1. Juli gilt nun die Gesamtreform des Exekutionsrechts, die erstmals zu einer amtswegigen Beendigung eines Exekutionsverfahrens wegen „offenkundiger Zahlungsunfähigkeit“ des Schuldners und Veröffentlichung dieser Feststellung in der Ediktsdatei führt. Hintergrund ist, dass einerseits Gläubiger vor weiteren Schäden bzw. sinnlosen Exekutionsverfahren und damit verbundenen Kosten bewahrt werden sollen, andererseits sollen Schuldner vor weiterem Schuldenmachen geschützt werden. Zudem sollen die Gerichte entlastet werden. Daher ist es nur konsequent, die offenkundige Zahlungsunfähigkeit in einer öffentlichen Datenbank zu publizieren. Gelingt dem Schuldner nicht eine schnelle Vereinbarung mit seinen Gläubigern, bleibt ihm nur mehr binnen 30 Tagen der Insolvenzantrag – sofern ihm nicht ein Gläubiger damit zuvorgekommen ist. Das Justizministerium rechnet nun mit bis zu 1.000 zusätzlichen Schuldenregulierungsverfahren pro Jahr.
Als weitere gesetzliche Neuerung trat mit 17. Juli 2021 eine Novelle der Insolvenzordnung in Kraft. Die Entschuldungsdauer wurde für Unternehmer und generell für Privatpersonen von fünf auf drei Jahre gesenkt. Es kommen nun nicht nur von Corona geschädigte Selbständige und vom plötzlichen Jobverlust betroffene Private in den Genuss einer schnelleren Entschuldung, sondern auch notorische Nichtzahler und alle, die schlichtweg über Jahre hinweg über ihren Verhältnissen gelebt haben. Es ist daher mit einem stetig steigenden Ansturm auf die Insolvenzgerichte zu rechnen, ähnlich der Situation Ende 2017 und 2018, als die Entschuldungsdauer von sieben auf fünf Jahre herabgesetzt wurde. Daher werden die Privatinsolvenzen in absehbarer Zeit wieder steigen und bald das Vorkrisenniveau von rund 10.000 Fällen im Jahr erreichen. Die Rechnung haben letztendlich die Gläubiger und alle redlichen, pünktlich zahlenden Konsumenten zu zahlen.